Angesichts steigender Kosten für Energie und Lebensmittel hält die Debatte über mögliche Entlastungen vor dem Krisentreffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Arbeitgebern und Gewerkschaften weiter an.
Laut einer Umfrage rechnet jeder Zweite in Deutschland damit, im kommenden Winter frieren zu müssen. Das geht aus einer Befragung des Sozialforschungsinstituts Insa hervor, über die die "Bild am Sonntag" berichtet. 91 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass sie bereits jetzt sparen. Nach Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) sind mehr als 20 Millionen Menschen in Deutschland von Energiearmut bedroht, wie die "Welt am Sonntag" berichtet.
Scholz sagte im "Bericht aus Berlin" des ARD-Hauptstadtstudios, die Preissteigerungen würden "sozialen Sprengstoff" bergen. Bei der sogenannten konzertierten Aktion am Montag würden indes wohl "noch keine konkreten Maßnahmen" vereinbart. Es gehe darum, einen "Prozess aufzusetzen, bei dem klar ist: Es werden sich in Deutschland alle wieder unterhaken - die Sozialpartner, der Staat."
Der Sozialflügel der CDU forderte unterdessen weitere umfassende Entlastungen für die Bürger. In einem Beschlusspapier, das den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag) vorliegt, fordert der Arbeitnehmerflügel der Union (CDA) unter anderem eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Zuzahlungen für Hartz IV-Empfänger sowie langfristig niedrigere Preise im öffentlichen Personennahverkehr. Die Energiekostenpauschale müsse "auch Rentnern und Studierenden sowie Versorgungsempfängern und Beziehern von Lohnersatzleistungen" wie etwa jungen Eltern zugänglich gemacht werden. Außerdem seien die Leistungen der Grundsicherung "zeitnah - bei außergewöhnlichen Preissteigerungen erforderlichenfalls in Sonderrunden - anzupassen".
Grünen-Chef Omid Nouripour geht davon aus, dass die Heizkosten ab Herbst "voraussichtlich stark steigen. Und dann werden wir auch über Entlastungen sprechen." Einige Maßnahmen wie der Kindersofortzuschlag zeigten bereits Wirkung, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dennoch sehe man, "dass die Energiepreise drastisch steigen und vor allem die Menschen unter Druck setzen, die ohnehin wenig Geld haben. Da müssen wir gezielt unterstützen."
Der katholische Münsteraner Bischof Felix Genn betonte: "Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine darf nicht gegen eine Solidarität mit den Armen und Schwachen in unserer Gesellschaft ausgespielt werden." Er hoffe, dass der Zusammenhalt weiter andauern werde: "Ohne Verzicht werden wir weder den Herbst bestehen noch für die Bewahrung der Schöpfung etwas Nachhaltiges bewirken können". Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, erklärte, es sei gut, "wenn wir unser Konsumverhalten bei Wasser, Gas, Lebensmittel bewusst gestalten". Zuallererst sei jedoch der Staat in der Pflicht, mahnte die Theologin in der "Bild am Sonntag". (KNA)